Trachtencharivari

stockerpoint-charivari

Das Charivari leitet sich von dem lateinischen Wort Caribaria ab, was „Durcheinander“, „Verrücktheit“ bedeutet. Die Chatelaine, eine kurze Kette, an der Uhren, kleine Taschen und Schlüssel angebracht wurden, ist der Vorfahre des Charivaris und kommt aus Frankreich. Diese Kette wurde durch die französischen Truppen nach Deutschland gebracht. Den Namen Charivari erhielt die Kette mit den gesammelten Anhängern im 19. Jahrhundert. Ihren Ursprung hat diese außergewöhnliche Kette in Bayern, wo sie zu verschiedenen Zwecken getragen wurde.
So soll die Kette zu Zeiten, in denen es noch keine Lederhosen mit einer „Hosentür“ in der heutigen Form gab, einen Sichtschutz in Form eines Tuches gehalten haben, um den anderen Menschen keinen Einblick zu gewähren. Die Reichen und Wohlhabenden benötigten derartige Kleidungsstücke nicht. Sie hatten ordentliche Kleidung und trugen eine Taschenuhr dazu. Die Taschenuhr wurde an der Kette und diese wiederum am Knopfloch der Weste befestigt und in die kleine Westentasche gesteckt. Das wertvolle Stück, was meist aus Silber war, hatte einen Klappdeckel. Sie wurde zum Statussymbol der Reichen, die sie zu jedem Anlass präsentierten. Bereits 1661 bis 1715 machte König Ludwig XIV. diese reich verzierte Uhrenkette berühmt. Sie wurde zu der Zeit locker am Gürtel getragen.

Historische Entwicklung der Charivari

Bauern und Jäger haben dann später, diese reich verzierte Uhrenkette als Glücksbringer eingesetzt. Die Form und die Lage der Kette haben sich im Laufe der Jahre verändert. Sie wurde nicht mehr am Gürtel, sondern am Latz der Lederhose getragen. Die Kette war unterschiedlich ausstaffiert. Trug das Charivari ein Jäger, waren Jagdtrophäen angehängt, wie Fuchszähne, Keilergewaff, Kümmerer, Grandeln, Dachs- und Fuchshaare sowie Marderpenisknochen zur Steigerung der Potenz des Trägers. Trug sie ein Großbauer, konnte man dort kostbare Münzen, Orden, Edelsteine usw. bewundern. Jedes dieser Anhängsel, das das Charivari schmückte, hatte seine eigene Geschichte und Bedeutung. So soll der Talisman dem Träger Glück bringen, das Amulett wehrt meist ab und schützt ihn. Die Kralle eines Greifvogels verbindet die Erde mit Himmel und das Diesseits mit dem Jenseits. Der Bergkristall steht für klaren Blick und Geist. Vanitasschädel, kunstvoll geschnitzte menschliche Schädel, erinnern an die Vergänglichkeit und mahnen den Träger ein tugendhaftes Leben zu führen. Schutzheilige und Namenspatrone aus Silber waren ebenso vorhanden, wie gegossene Tiere und Werkzeuge, die auf den Beruf schließen ließen. Aber vor allem repräsentierten die Ketten den Status seines Trägers. Je prunkvoller die Kette, umso reicher der Besitzer. Das Tragen des Charivaris war früher nur Männern vorbehalten, Frauen war dies nicht erlaubt. In der heutigen Zeit ist das Charivari am unteren Latz der Lederhose genauso zu finden wie am Mieder oder an der Schürze eines Dirndls.

Die Ketten der Herren haben eine Länge 33 Zentimeter, sind etwas fester und stabiler als die 28 Zentimeter langen Ketten der Damen. Wichtig bei der Ausstattung der Ketten ist die Anzahl der Anhänger. Ein Charivari darf nur eine ungerade Anzahl von Anhängern aufweisen, da gerade Zahlen Unglück bringen sollen. Wie viele Anhänger an der Kette platziert werden, liegt im Ermessen des Trägers. Je älter ein Träger wird, umso mehr Trophäen hängen an der Kette. Unterschiede in der Ausstattung der Ketten für Damen und Herren sind darin zu finden, dass an Damenketten keine Jagdtrophäen vorhanden sind. Sie sind mit kleinen aus Silber gegossenen Trophäen behangen, sie stellen die Natur nur nach.

lederhose-mit-charivari

Wertvolle Trachten Charivari

Angefertigt wurde die Kette in früheren Jahren von den Jägern selbst und mit ihren eigenen Jagdtrophäen versehen. Später wurden dann Silber- oder Goldschmieden mit der Anfertigung beauftragt. Und heute bedarf es nicht einmal eine Woche, um ein Charivari herzustellen. Wenn man sich die alten Ketten ansieht, stellt man fest, dass sie aus 835er Altsilber gefertigt wurden. Dieses Silber hat die gleiche Qualität, wie das heutige 925er Silber. Das 925er Silber wird heute für die Anfertigung der Ketten verwendet. Es wird künstlich geschwärzt, indem das Silber in spezielle Bäder gelegt wird, die das Silber schnell oxidieren lassen und den Ketten eine dunkelgraue bis schwarze Farbe verleihen. Danach werden die Ketten, um das alte Aussehen, den Altsilberlook, zu erreichen, poliert.

Der Charme der sehr alten Charivaris bleibt bei den heute angefertigten erhalten. Das Silber zur Fertigung dieser Ketten verwendet wird, hängt damit zusammen, dass es traditionell überliefert ist und Silber zur damaligen Zeit schon in größeren Mengen zur Verfügung stand. Silber war nicht so schwer wie Gold und wirkte antibakteriell, da sich die Kette selbst ständig desinfiziert. Gold ist außerdem ein viel zu teures Material. Aber auch Charivaris als Modeschmuck sind möglich. Hier sollte jedoch darauf geachtet werden, dass keine Trophäen aus echtem Metall, wie Silber, an die Kette gehangen werden. Das edle Metall würde das weniger edle Metall bei Feuchtigkeit durch Korrosion zerstören.

Bei Modeschmuck kann man zwar den emotionalen Wert mit finanziellen Mitteln nicht aufwiegen, aber auch mit echten Trophäen und steigendem Alter wird der Wert nicht sonderlich steigen. Bei einem sehr alten, aus massivem Silber hergestellten, Charivari, kann von einer Wertsteigerung ausgegangen werden. Den höchsten Stellenwert bei Sammlern nimmt eine Kette aus 835er Silber ein, obwohl das 925er Silber einen höheren Silbergehalt aufweist.

Wesentliche Merkmale zur Wertermittlung sind das Fertigungsmaterial, das Alter der Kette, der Zustand der Kette, Anzahl und Art der Münzen und Medaillen, Art der Trophäen, Anzahl der Trophäen, Art der Verarbeitung der Kette. Aufgrund derartiger Wertermittlungen kann davon ausgegangen werden, dass es einige Charivaris mit einem Wert deutlich über 10.000 EURO gibt.
Traditionell darf das Charivari von Generation zu Generation nur weitergegeben, vererbt oder verschenkt, niemals verkauft werden.

charivari

Renaissance der Trachten Charivari

Die Tradition um das Charivari ist im vorigen Jahrhundert schon fast verloren gegangen. Doch heute, mit der Renaissance der Tracht, kommt auch dem Charivari als traditionellen Trachtenschmuck wieder Bedeutung zu. Jedes Trachtenoutfit erhält durch das Charivari eine besondere, individuelle Note. Egal, ob sie am Latz oder auf der Seite der Lederhose bei den Herren oder in Höhe des Hüftschurzes an der Schürze des Dirndls bei den Damen getragen wird, das Charivari setzt sich inzwischen als Accessoire der Trachtenmode immer mehr durch. Sie werden im gesamten Ostalpenraum getragen, aber auch durch bayrische Trachtenvereine wird das Tragen des Charivaris wieder belebt. In vielen Orten ist es auch schon zur Tradition geworden, den Jugendlichen zur Firmung oder Konfirmation die Kette, versehen mit den ersten Anhängern, die meist von den Taufpaten gestiftet werden, zu schenken. Diese kann er nun über Jahre hinweg erweitern. Das Charivari ist in der Trachtenmode nicht mehr wegzudenken. Durch Tragen dieser Kette wird der wahre Trachtler vom Gelegenheits-Lederhosen-Träger unterschieden. Viele Damen und Herren tragen inzwischen dieses Statussymbol wieder, nachdem es über Jahre nicht mehr anzutreffen war. Die Tracht ist erst komplett mit der wunderschönen Schmuckkette, an der sich Mann und Frau erfreuen können.